Peter Tauber: Nichts ist so beständig wie die Lageänderung. Digitale Kommunikation und Verteidigungspolitik fürs 21. Jahrhundert

Peter Tauber: Nichts ist so beständig wie die Lageänderung.

Digitale Kommunikation und Verteidigungspolitik fürs 21. Jahrhundert

 

Wir sprechen mit Dr. Peter Tauber über seinen bisherigen politischen Werdegang, welche Rolle die sozialen Medien dabei spielen, über Geschichte und Zukunft des cnetz, die Bedeutung von Digitalisierung in der Verteidigung und Geopolitik und was der Militärstratege Helmuth von Moltke wohl dazu sagen würde.

Philipp Bohn: Du hast dich nach einer langen Laufbahn mit verantwortungsvollen und sichtbaren Rollen in Partei, Parlament und Regierung aus der aktiven Politik zurückgezogen. So eine Entscheidung fällt gerade aus einem macht- und erfolgsorientierten Umfeld heraus bestimmt nicht leicht.

Peter Tauber: Warum soll diese Entscheidung schwerfallen? Ich habe mir das reiflich überlegt. Die Gründe sind nicht nur gesundheitlicher Natur. Ich will einfach auch nochmal was Neues machen und vor allem mehr Zeit in der Heimat verbringen. Ich habe gerne 12 Jahre lang „Politik als Beruf“ gemacht, aber jetzt reicht es eben einfach.

Philipp Bohn: Was empfiehlst du anderen, die durch einen solchen Prozess gehen?

Peter Tauber: Wir sagen doch immer: Einfach auf das eigene Herz hören. Nicht drüber reden. Machen. Ich habe mir das wie gesagt reiflich überlegt, es war keine spontane Entscheidung, sondern reflektiert. Und dann muss man eben Lust auf etwas Neues haben.

Philipp Bohn: Du hast als Politiker früh und regelmäßig soziale Medien eingesetzt, vor allem auch Twitter. Wie fasst du die Chancen, Risiken und Nebenwirkungen für dich zusammen?

Peter Tauber: „Nichts ist so beständig wie die Lageänderung“ und „Kein Plan übersteht den ersten Feindkontakt“. Auch hier geht nichts ohne Neugier und der Lust an der Diskussion.

Philipp Bohn: Als Digitalpolitiker bist du auch ein Mitgründer von cnetz. Mit welchem Ziel habt ihr den Verein 2012 ins Leben gerufen?

Peter Tauber: Das war ja eine wilde Zeit. Damals haben manche in der CDU noch geglaubt, das Internet würde wieder verschwinden. Die Piratenpartei wurde schlimmer gehypt als Annalena Baerbock. Und wir waren eben der Meinung, die CDU als Volkspartei sollte das Thema anpacken und sich nicht nur notgedrungen damit beschäftigen.

Philipp Bohn: Welche dieser Ziele habt ihr in den darauffolgenden Jahren erreicht?

Peter Tauber: Ach, das sollen bitte andere beurteilen. Mit Blick auf die Partei finde ich das größte Kompliment, dass das cnetz einen praktischen Mehrwert für die Union liefert im Gegensatz zur Werte Union.

Philipp Bohn: Was sind 2021 Rolle und Verantwortung eines digitalpolitischen Think Tanks? Wie soll es aus deiner Sicht mit cnetz weitergehen?

Peter Tauber: Ein Resonanzboden für viele kluge Leute, die sich der CDU verbunden fühlen und was zu sagen haben, wenn es um Digitalisierung geht: Dafür braucht es das cnetz dringender denn je!

Philipp Bohn: Du warst zuletzt parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Verteidigung. Was bedeutet Digitalisierung fürs Militär? Wie digital sind moderne Schlachtfelder?

Peter Tauber: Eins ist sicher. Der nächste Krieg beginnt eher mit einem Hackerangriff als mit einem Panzer, der über eine Grenze rollt.

Philipp Bohn: Welche Prioritäten setzt hier die Bundeswehr?

Peter Tauber: Die Bundeswehr hat mit dem Kommando Cyber- und Informationsraum (CIR) eine eigene Teilstreitkraft ins Leben gerufen. Ich bin beeindruckt, wie dort militärisches Denken und agile Strukturen zusammengebracht werden. Der Kommandeur Vizeadmiral Tom Daume ist ein wirklich Guter. Das cnetz sollte sich dringend mal das Kommando CIR anschauen. Das wäre mein Tipp.

Philipp Bohn: Das machen wir! Welche Rolle spielen in Deutschlands Startups für Innovation im Verteidigungssektor?

Peter Tauber: Mit dem Cyber Innovation Hub haben wir da eine spannende Schnittstelle geschaffen. Wir müssen in der Bundeswehr und mehr noch in der Bundeswehrverwaltung, im zivilen Teil der Streitkräfte schneller werden. Es geht also nicht nur im Technikadaption, sondern um einen kulturellen Wandel. Und da brauchen wir die Startups.

Philipp Bohn: Der Einsatz digitaler Technologien ist ein zentraler geopolitischer Machtfaktor. Internationale Zusammenarbeit und Handel finden als Datenaustausch zwischen befreundeten Mächten statt. Cyberangriffe bedrohen strategische Infrastruktur und einige wenige Technologiekonzerne haben immensen Einfluss auf die Stabilität unserer Gesellschaften. Wie stehen wir als Deutschland in diesem Gefüge da?

Peter Tauber: Wir sind da nicht schlecht, aber auch nicht richtig gut. Unsere analogen staatlichen Strukturen, der Föderalismus und der deutsche Datenschutz sind eben eher Hemmnisse. Da wünsche ich der Politik schon die Kraft für notwendige Änderungen und den Sicherheitsbehörden den Mut für die richtigen Ratschläge, auch wenn sie unpopulär sein mögen.

Philipp Bohn: Du hast eine Zeitlang Zitate des preußischen Militärstrategen Helmuth von Moltke geteilt. Hätte er als „der große Schweiger“ heutzutage einen Twitter-Account?

Peter Tauber: Gute Frage. Aus seiner Zeit heraus ganz sicher nicht. Aber man soll ihn nicht unterschätzen. Sein Verständnis für Modernität und neue Technik lässt die Interpretation zu, dass er Twitter zumindest für die Strategische Kommunikation nutzen würde. Food Porn von ihm zu erwarten, das wäre dann doch etwas viel.

Philipp Bohn: Du hast mal gesagt, für den digitalen Krieg braucht es einen neuen Moltke. Was ist sein oder ihr Profil?

Peter Tauber: „Tradition heißt an der Spitze des Fortschritts zu marschieren.“ Nicht von Moltke, aber beschreibt ihn gut. Das gilt auch heute.

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