#cnetz kritisiert BMJV-Entwurf zu Hasskriminalität: Freiheitsrechte wahren – Strafverfolgung muss Aufgabe des Staates bleiben

Die Meinungsfreiheit ist offline wie online eine Grundsäule unserer Demokratie und Kernbestandteil einer freien Gesellschaft. Sie ist deshalb in besonderem Maße zu schützen. Das Recht auf Meinungsfreiheit findet seine Grenzen jedoch dort, wo die Rechte und die Würde anderer verletzt werden.

 

Mit dem jüngst von Bundesjustizministerin Lambrecht vorgelegten Entwurf (Stand: 12.12.2019, 15:28 Uhr) soll das von der Bundesregierung Ende Oktober 2019 beschlossene Maßnahmenpaket zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Hasskriminalität umgesetzt werden. „Die verfolgten Ziele unterstützt das #cnetz ausdrücklich. Gerade die Diskussionen der letzten Monate haben gezeigt, dass hier dringender Handlungsbedarf besteht. Aber der Gesetzentwurf scheint über das Ziel hinauszuschießen. Der notwendige Ausgleich verfassungsrechtlich geschützter Interessen ist nicht erkennbar. Die Meinungsfreiheit jedes Einzelnen und die Informationsfreiheit aller darf nicht darunter leiden, dass gegen rechtswidrige oder strafbare Inhalte vorgegangen wird“, bewertet Thomas Jarzombek (Co-Sprecher #cnetz) den Entwurf.

 

Herausgabe von Passwörtern ist unverhältnismäßiger Eingriff in die Bürgerrechte

Die vorgesehene Pflicht zur Herausgabe von Passwörtern an Strafverfolgungsbehörden, stellt einen erheblichen und unverhältnismäßigen Eingriff in die Rechte der Nutzer dar. Ein solches Vorgehen würde es den Strafverfolgungsbehörden ermöglichen, Inhalte der Nutzer dauerhaft und ohne deren Kenntnis zu überwachen, von einer datenschutzrechtlichen Folgenabschätzung ganz zu schweigen. „Aus Angst und Unwissenheit wird hier erneut die Freiheit des Einzelnen geopfert. Solche Maßnahmen erschüttern das Vertrauen in digitale Dienste und in die Politik gleichermaßen. Einen solchen Eingriff in die Grundrechte der Bürger lehnen wir vehement ab“, fordert Prof. Dr. Jörg Müller-Lietzkow (Co-Sprecher #cnetz).

 

Konsequente Strafverfolgung muss Aufgabe des Staates bleiben

Das NetzDG war und ist ein richtiger und wichtiger Schritt, gegen Hass und Hetze im Netz. Mit allen gebotenen und verhältnismäßigen Mitteln muss der Staat effektiv gegen strafrechtlich relevante und rechtswidrige Inhalte vorgehen können. Internetdienste-Anbietern kommt bei der Bekämpfung rechtswidriger Inhalte eine wichtige Rolle zu, indem sie diese löschen bzw. sperren.

Mit der nun zusätzlich geplanten Meldepflicht von IP-Adressen und Portnummern an das BKA sollen Strafverfolgungsaufgaben auf die Wirtschaft verlagert werden. In einem Rechtsstaat sollte es aber ausschließlich der Justiz vorbehalten sein, zu entscheiden, was rechtswidrig oder strafbar ist und was nicht. Eine Abkehr vom bisherigen Rechtssystem, würde im Umkehrschluss dazu führen, dass ein privates Unternehmen in die Rechte Betroffener eingreift, ohne dass diese sich strafbar gemacht haben. Die Übertragung staatlicher Aufgaben der Rechtsdurchsetzung an Privatunternehmen lehnt das #cnetz ab und fordert dringende Nachbesserungen.

 

„Wir erleben viel zu oft, dass Politik bei ihren digitalpolitischen Maßnahmen Maß und Mitte vermissen lassen und aufgrund unterentwickelter Digitalkompetenz schlicht fatale Akzente setzen. Wir brauchen grundsätzlich mehr Weitblick in den digitalpolitischen Strategien und sinnvolle, den Menschen in Summe dienlichen, Umsetzungen. Alles andere ist Flickschusterei“, so Müller-Lietzkow zu einem grundsätzlichen Anspruch an die Gestaltung der Digitalisierung.

So auch der vorliegende Entwurf, der aus Sicht des #cnetz dringender Nachbesserungen bedarf. „Mit der Veröffentlichung eines so weitreichenden Referentenentwurfs kurz vor Weihnachten gepaart mit einer Frist zu Stellungnahme bis Mitte Januar 2020 hat das BMJV dem notwendigen zivilgesellschaftlichen Diskurs einen Bärendienst erwiesen. Das ist nicht gut“, fast Jarzombek seinen Unmut über das Vorgehen zusammen.

Nach oben scrollen