Beschluss des cnetz e.V. zur Reform des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG):
Innovation ist eine Stärke Deutschlands. Zu Recht sind wir stolz auf viele Innovationen in Wissenschaft und Wirtschaft. Besonders stark ist Deutschland bei Innovationen im Maschinenbau. Doch sind wir auch innovativ genug bei Software, Services und Plattformen?
Seit geraumer Zeit wird engagiert darüber gestritten, ob das Personenbeförderungsrecht in Deutschland in seiner jetzigen Form zukunftsweisend ist. Folgt das Gesetz einem vernünftigen Schutzzweck oder soll es Innovation und Wettbewerb aussperren? Damit würde es der Innovationsfähigkeit unseres Landes schaden. Denn man wird durch Abschottung nicht innovativer, sondern das Gegenteil ist der Fall.
Wir, der cnetz e.V., halten das Personenbeförderungsrecht für überreguliert.
Zunächst stellt sich grundsätzlich die Frage, wie im Rahmen der „share economy“ mit dem Aufeinandertreffen privater und gewerblicher Akteure umzugehen ist. Die Möglichkeiten von „Mitfahrzentralen“ und „Ferienvermietungen“ müssen erhalten bleiben. Solche privaten Angebote sind von kommerziellen abzugrenzen und viel niedrigschwelliger zu behandeln. Hier kann bspw. die Erlöshöhe ein Kriterium sein oder die Vermietdauer, wie dies bereits teilweise bei Ferienwohnungen gemacht wird. Es muss also eine regulatorische Bagatellgrenze geben.
Für die gewerblichen Anbieter – etablierte wie neue – muss es einen Wettbewerb auf Augenhöhe geben. Hier gilt es aus unserer Sicht zu trennen zwischen sinnvollen Prinzipien und Auflagen auf der einen Seite und protektionistischen oder technisch veralteten Auflagen auf der anderen Seite.
Insbesondere gilt es immer wieder aufs Neue zu begründen, warum bestimmte Regulierungen notwendig sind. Gesetze, die sogar die Anzahl der Türen von Taxen vorschreiben, sind heute nicht mehr angemessen. Daher spricht sich der cnetz e.V. dafür aus, die bisherige sehr kleinteilige Regulierung im Personenbeförderungsrecht aufzuheben. Stattdessen sprechen wir uns für eine neue Regulierung aus, die sich an klaren Prinzipien orientiert. Beim Personenbeförderungsrecht könnten das sein:
1. Sicherheit: Das Fahrzeug muss technisch einwandfrei sein, eine ausreichende Versicherung muss nachgewiesen und transparent dargestellt werden, die Fahrer müssen im Besitz einer Fahrerlaubnis und ohne Vorstrafen sein. Eine geeignete Grundlage für die Befähigung des Fahrers sollte dabei ein modernisierter Personenbeförderungsschein sein, bei dem bspw. Die Ortskundeprüfung nur noch eine Zusatzqualifikation ist, mit der der Fahrer später für sich werben kann.
2. Beförderungspflicht: Passagiere müssen ohne Ansehen der Person befördert werden, auch bei kürzesten Strecken oder mit umfangreichem Gepäck.
3. Mindestversorgung: Es muss eine Verfügbarkeit einer ausreichenden Menge an Fahrzeugen auch nachts oder in ländlichen Gebieten geben. Eine solche Mindestversorgung kann nicht durch sich selbst kostendeckend geschehen. Daher sollte diese nach einer klar nachvollziehbaren Formel berechnet werden. Fahrer, die dann diese Mindestversorgung übernehmen, würden durch eine Umlage aller anderen Fahrten subventioniert.
4. Verminderung unnötiger Fahrten: Die Programmierung vom Steuerungssystemen soll unnötige Suchfahrten vermeiden. Die Annahme besteht aber, dass per App gesteuerte Wagen ohnehin keine „Werbefahrten“ durch die Innenstadt mehr vornehmen müssen, wie dies bei Taxen zuweilen der Fall war. Stattdessen reicht das Warten an zentralen Stellen. Auflagen wie die Rückkehrpflicht sollten daher entfallen. Dies gilt ebenfalls für Taxi- oder Mietwagenkonzessionen (siehe 3), genauso wie für Preisfestsetzungen, hier gilt der Mindestlohn; die Grundversorgung wird per Umlage gesichert. Weitere Markteingriffe sind dadurch nicht mehr erforderlich und bergen die Gefahr, zu Fehlallokationen führen zu können.
Eine solche Regulierung öffnet den Markt für Innovationen, erhöht die Akzeptanz der Bevölkerung, sichert eine zuverlässigere Grundversorgung als heute und erlaubt mehr Wettbewerb – gerade auch im Qualitätssinne. Denn eine bessere Leistung lohnt sich heute nicht, da kein Mehrpreis erlöst werden kann.
Die oben genannten Prinzipien sind zunächst ein Diskussionsbeitrag. Es geht darum, eine gesellschaftliche Diskussion über diese Prinzipien zu führen und einen Konsens zu erreichen. Die konkrete Umsetzung dieser Prinzipien kann dann auf verschiedene Weisen geschehen. Denkbar ist die Ausgestaltung und Anpassung durch staatliche Stellen, aber auch durch kontrollierte Selbstorganisationseinrichtungen der Wirtschaft oder beauftragte Dritte wie den TÜV.
Eine solch prinzipiengeleitete Regulierung sehen wir als Vorbild für viele Bereiche. Die schnelle technische Entwicklung erfordert Mechanismen, die schnellere Anpassungen ermöglichen als als klassische Gesetze.