Vor dem Hintergrund der ersten Lesung des E-Government Gesetz (EGovG) im Bundestag und der Übergabe an die Ausschüsse äußert sich das cnetz wie folgt: Gerade mit dem Hinblick auf die teilweise überzogene Kritik aus den Reihen der Opposition und der daraus zu erwarteten Blockadehaltung im Bundesrat scheint es ratsam eine nüchterne Bestandsaufnahme der zentralen Regelungsaspekte des EGovG vorzunehmen.
Ersatz für die bisherige Schriftform und Prüfung der Notwendigkeit dieser in bestehenden Verwaltungsverfahren
Um kostengünstige und einfach zu nutzende Onlineverfahren anbieten zu können, wurde ergänzend zu der bisherigen qualifizierten elektronischen Signatur die Möglichkeit geschaffen, auch den neuen Personalausweis in Kombination mit einem Webformular und DE-Mail als einen gültigen Schriftformersatz zu nutzen.
Diese Regelung wird ausdrücklich begrüßt, da sie einen enormen Fortschritt zum bisherigen Stand bedeutet. Allerdings soll an dieser Stelle auch die Kritik des Bundesrats und anderer Akteure aufgenommen und unterstützt werden, dass hier das Gesetz um eine technikneutrale Aussage ergänzt werden soll, dass andere Verfahren und Technologien mit gleichem Sicherheitsniveau zulässt. Um für zukünftige innovative Standards ein hohes Maß an Zustimmung zu erreichen, sollte in das EGovG eine Regelung aufgenommen werden, wie sie bereits im Referentenentwurf des BMJ für ein Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs enthalten ist. Diese sieht eine Anerkennung von bundeseinheitlichen Übermittlungswegen vor, die durch Rechtsverordnungen der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates festgelegt werden, und bei denen die Authentizität und Integrität der Daten gewährleistet sind.
Gerade vor dem Hinblick eines europäischen Binnenmarktes, der Offenheit gegenüber anderen europäischen Standards fordert und der heutigen Realität ausländischer Fachkräfte in Deutschland, die ein Anrecht auf einen einfachen Zugang zu Verwaltungsleistungen haben sollten, scheint dies ein Punkt von besonderer Wichtigkeit.
Durch die zusätzliche Überprüfung von Schriftformerfordernissen in bestehenden Verfahren zeigt der Gesetzgeber auch besonderes Augenmaß, da er mit diesem Gesetz zusätzlich zu einer technischen Lösung auch eine rechtliche Vereinfachung in Betracht zieht, die nicht nur unnötige Investitionen auf Seiten der Verwaltung (insbesondere der Kommunen) vermeidet, sondern auch ganz einfach und schnell Bürokratiekosten senkt. Das der Gesetzgeber nicht komplett das Schriftformerfordernis abschafft, spricht dies für die besondere Achtung des deutschen Rechtsverständnisses.
Elektronischer Zugang zur Verwaltung, elektronische Bezahlmöglichkeiten und Nutzung elektronischer Nachweise
Durch das Gesetz werden alle Verwaltungen dazu verpflichtet, elektronische Zugänge dem Bürger und der Wirtschaft zu eröffnen und zugleich für die Zahlung von Gebühren elektronische Zahlverfahren anzubieten. Diese Regelung ist sehr zu begrüßen, da sie den heutigen Lebenswirklichkeiten der Menschen gerecht wird und zugleich eine Flexibilität für Interaktion mit der Verwaltung bietet. Mit der zusätzlichen Möglichkeit auch elektronische Nachweise für Verfahren zu nutzen und diese gegebenenfalls von der ausstellenden Behörde über den Verwaltungsweg für das Verfahren zukommen zu lassen, werden Bürger massiv von bestehenden Pflichten entlastet. Dies kann unter der strengen Achtung des Datenschutzes nur begrüßt werden.
Gerade der elektronische Zugang zur Verwaltung und die vollständige Abwicklung von Verfahren und Anforderungen von Leistungen bietet für Menschen in dünnbesiedelten Regionen von Deutschland, die zudem vom demographischen Wandel betroffen sind, enorme Vorteile. Da zugleich das Angebot bestehender „offline“ Verfahrensweisen festgeschrieben wird, ist auch dem sogenannten Digital Divide Rechnung getragen.
Elektronische Akten, Einsicht in Akten bzw. Verfahren und Open Data
Mit der flächendeckenden Einführung elektronischer Akten bis 2020 und Verfahrensvorgaben für das Einscannen bestehender Papierakten, werden die Voraussetzungen dafür geschaffen, die deutsche Verwaltung in Zukunft die vollen Potentiale der Informationstechnik ausschöpfen und wirtschaftlicher agieren zu lassen. Diese neugeschaffenen Möglichkeiten einer elektronischen Einsicht in Akten und eigene Verfahren eröffnet dem Bürger eine neue Form der Transparenz des Verwaltungshandelns und schafft somit neues Vertrauen.
Es kann also nicht die Rede davon sein, dass das Thema Open Government nicht beachtet wurde, wie teilweise durch Konstantin von Notz (Bündnis 90/Die Grünen) behauptet. Vielmehr werden in diesem Gesetz die Grundlagen für effektives Open Government gelegt, was auch darin zu erkennen ist, dass der Aspekt der Maschinenlesbarkeit von Daten in diesem Gesetz adressiert wurde. Dass weitergehende Regelungen im Sinne eines weitergehenden Open Government möglich sind, soll an dieser Stelle nicht abgestritten werden, dennoch scheint es nicht zielführend zu sein das „Open Government Gesetz“ mit einem „Government Gesetz“ zu vermischen, sondern dies soll vielmehr in einem separaten Gesetzesentwurf geschehen, nachdem die nötigen Grundlagen durch das EGovG geschaffen wurden.
Fazit
An dieser Stelle lässt sich sagen, dass trotz einiger Unschärfen und Unzulänglichkeiten das EGovG unter dem Strich eine wegweisende Initiative darstellt, indem es die Weichen stellt für eine moderne und zukunftssichere Verwaltung. Mit diesem Gesetz wird nicht nur für Entscheidungsträger in Politik und Verwaltung eine hohe Rechtssicherheit geschaffen, die es ermöglicht neue, innovative Dienstleistungen für Bürger und Wirtschaft zu schaffen, sondern es werden durch viele Verfahrensvereinfachungen im EGovG die Hürden für die onlinebasierte Inanspruchnahme vieler Verwaltungsleistungen soweit gesenkt, dass sie für jeden Bürger effektiv nutzbar sind.
Der Vorwurf, dieses Gesetz würde die Länder und Kommunen bevormunden und unverhältnismäßige Kosten verursachen, kann nicht nachvollzogen werden, da das Gesetz viele Freiräume offen lässt und zugleich die nötigen rechtlichen Standards schafft, um als Rahmengesetzgebung für das föderale Deutschland zu wirken. Vielmehr soll dieses Gesetz nach Ansicht des cnetz Ansporn für die Länder sein, mit eigenen Gesetzgebungen noch selbstbewusster in die digitale Zukunft zu schreiten.